Altstadt-Kult-Museum, Bayreuth

Im Fußballbuch des Jahres 2008 wird der Spielvereinigung Bayreuth nicht nur ein ganzes Kapitel gewidmet, auch Titel und Umschlag von Christoph Rufs „Ist doch ein geiler Verein“ führen in die Festspielstadt. Den Untertitel „Reisen in die Fußballprovinz“ hätte man Ende der Siebzigerjahre noch nicht gelten lassen, damals kämpfte Bayreuth um den Einzug in die 1. Bundesliga. Aufgestiegen ist am Ende Bayer Uerdingen. Dass das nicht mit rechten Dingen zuging, erfährt man im Oldschdod-Museum, dem Vereinsmuseum der Spielvereinigung.

Lange bevor der FC Bayern München seine Erlebniswelt eröffnete, hoben die Fans des langjährigen Zweitligisten ihr Museum als eines der ersten Fußballmuseen Deutschlands aus der Taufe. Jürgen Rank, Trikotdesigner in Herzogenaurach und in inniger Beziehung zu seinem Verein, hatte auf seinen Reisen durch England die Idee aufgegriffen und sie nach Oberfranken mitgebracht.

Das war im Februar 2003, ausgestellt wurden Devotionalien rund um den Traditionsverein. Und da die Anzahl rasant anstieg, folgte noch innerhalb des Jahres 2003 der Umzug in größere Räume. Die unweit des Hauptbahnhofs gelegene Markgrafenhalle wurde zur Bayreuther Pilgerstätte, „eine Mischung aus autonomem Jugendzentrum und heiliger Kultstätte“, wie die 11 Freunde die Räumlichkeiten im September 2003 treffend bezeichneten.

Ein indisches Restaurant als Fußball-Museum

Als der Vermieter dreizehn Jahre später ein Schreiben aufsetzte und den Altstadt-Kult dazu aufforderte, die Markgrafenhalle zu verlassen, kam das unerwartet. Im Herbst 2018 kann man sagen, dass es nicht hätte besser kommen können. Zusammen suchten die Fans ein neues Domizil und fanden es an der Erlanger Straße. Wo früher im „Bollywood“ Hähnchenbrustfilet in Safran-Joghurt mariniert wurde, hängt jetzt ein Bild von Bobby Breuers Sportstudio-Auftritt. Die Vereins-Historie wird durch Trikots des Vereins und der Nationalmannschaft dokumentiert, Devotionalien aus den vergangenen Jahrzehnten erzählen genauso viele Geschichten wie die Gegenstände, die nicht ausgestellt sind. Da gibt es zum Beispiel die Anekdote mit der alten Anzeigetafel: „Bei der Größe haben wir uns etwas verschätzt. Deshalb hängt die auch nicht hier. Da musste am Ende der THW kommen, um die abzuholen“, erzählt man uns und alle müssen lachen.

Solche Geschichten gibt es zu jedem Stück. Es ist nicht wie in den modernen Erlebniswelten, in denen die Präsentation wichtiger ist als der Gegenstand selbst. Hier sind die Dinge abhängig von ihrem Hintergrund. Die Anhänger des Vereins führen mit einer Begeisterung und Leidenschaft durch das Museum, so dass die Gegenstände wieder lebendig werden. Man nimmt sich Zeit, es gibt kein Limit: Wenn die Führung länger dauert, dann dauert sie eben länger.

Im alten Museum stand ein schwarz-gelbes Fahrrad. Das gehörte einem verstorbenen Anhänger der Spielvereinigung, es war sein Heiligtum. Bei Bedarf wurde es von verschiedenen Fahrradläden in der Stadt kostenlos repariert, weil bekannt war, dass sich der Besitzer die Reparatur nicht leisten konnte.

Das Museum in der Markgrafenhalle war schön, weil es mit viel Liebe betrieben wurde. Das in der Erlanger Straße ist noch viel schöner, weil nicht nur der Charakter stimmt, sondern auch das Aussehen. Es gibt nicht nur den musealen Raum im Stile eines „Herrenzimmers“, wie es Jürgen Rank nennt. Zum neuen Altstadt-Kult gehören auch eine Kneipe, ein Biergarten und viele Details. Dazu zählen zum Beispiel die Comics aus der goldenen Zeit, die rund um die Bayreuther Fußball-Festspiele in der Tageszeitung veröffentlicht wurden und die die Wände im Flur zieren.

Die Kündigung als Chance für den Neustart

Im ½ Lovesong der Ärzte heißt es: „Vieles ist zur Gewohnheit verkommen, doch das ist immer die Gefahr.“ Ein bisschen war das auch so mit dem Museum in den Markgrafenhallen. „Das war schon alles ein bisschen eingeschlafen. Das hier ist ein Re-Start und hat uns noch einmal enger zusammengebracht“, sagt mit Tommy einer der Hardcore-Altstädter.

Letzten Endes hatte der Altstadt-Kult die Wahl: Es wäre bequemer gewesen, das Ende in den Markgrafenhallen zum Anlass zu nehmen, die Sache auslaufen zu lassen. Weit über 3 000 Arbeitsstunden und einige tausend Euro später bestätigt sich das, was Christoph Ruf schon 2008 wusste: Ist doch ein geiler Verein.

Zu den alten Räume in der Markgrafenhalle gibt es eine Fotogalerie, die an dieser Stelle zu finden ist.

Anschrift: Erlanger Straße 45, 95444 Bayreuth

Internet: https://www.altstadt-kult.de

FacebookTwitterWhatsAppEmail

3 Kommentare

Schreibe einen Kommentar