Fritz Walters Wohnhaus, Alsenborn

„Graceland“ heißt das ehemalige Anwesen von Elvis Presley in Memphis, Tennessee. Seit 1982 kann es von den Fans des „Kings“ besucht werden, jährlich nutzen mehr als eine halbe Million Anhänger diese Gelegenheit und sehen sich an, wie Elvis Presley lebte. In Enkenbach-Alsenborn, rund 7 500 Kilometer von Memphis und knapp 15 Kilometer von Kaiserslautern entfernt, gibt es ein Graceland des Fußballs: Das Fritz-Walter-Haus. Elvis Presley war noch nicht hier, sonst aber so ziemlich jeder Prominente.

Dass man das Anwesen des Weltmeisters von 1954 besichtigen kann, verdankt man Bernd Lutzi. Zusammen mit seiner Frau Barbara war er über 30 Jahre mit Fritz Walter und dessen Frau Italia befreundet, später hat er den Ehrenspielführer der Nationalmannschaft gepflegt. Das alles machte Bernd Lutzi nicht nur zum engsten Freund von Fritz Walter, sondern auch zu seinem Erben und Nachlassverwalter. Und weil Bernd Lutzi den Bungalow renoviert und sich durch zig Kisten von Andenken gewühlt hat, ist der Bauunternehmer zusätzlich noch Kurator.

Zur Begrüßung ein Gläschen Sekt

In dieser Funktion empfängt Bernd Lutzi seine Gäste nicht als klassischer Museumsdirektor. Nachdem man das Ende der Leiningerstraße erreicht und die Tore der Auffahrt passiert hat, schenkt Lutzi zur Begrüßung ein Gläschen Sekt ein. Bernd Lutzi kommt aus der Pfalz – das hört man – und glänzt mit großer Gastfreundlichkeit. Er ist keiner, der die Kader der dritten finnischen Liga auswendig kennt, eher der liebenswürdige Pullunder-Onkel aus der Werbung, der seinem Enkel das erste Bonbon seines Lebens schenkt. Genau dies macht den Charme vom Fritz-Walter-Haus aus. Es handelt sich nicht um ein Museum im herkömmlichen Sinne, eher um eine Ausstellung, die durch die authentischen Räumlichkeiten den letzten Feinschliff bekommt.

Lass mir nur net die Leut verdursten, Bernd! 

Fritz Walter

An den Wänden im Flur hängen Erinnerungsstücke an die Deutschen Fußballmeisterschaften der Fünfzigerjahre, Urkunden und private Fotos zur Weltmeisterschaft 1954 oder Walters Abschlusszeugnis der Volkshauptschule – ausschließlich mit den Noten hervorragend und lobenswert. Das Sammlerherz schlägt hier so schnell, als wäre man im Juni 1944 über der Normandie abgeworfen worden.

Lieber im Garten als vor dem Fernseher

Vier Bundesverdienstkreuze hat man Fritz Walter verliehen, „den Fritz haben alle Bundespräsidenten ausgezeichnet. Vom Heuss bis zum Herzog“, erzählt Bernd Lutzi. Deutsche Politiker haben sich gerne mit Fritz Walter gezeigt, wie der nächste Raum beweist: Franz-Josef Strauß hängt an der Wand, der Pfälzer Helmut Kohl sowieso. Davor stehen Pokale, eine Fritz Walter-Büste, Erinnerungsteller von Länderspielreisen, ein Zigarettenhalter zur Meisterschaft 1955 und vieles mehr. Der Garten, der eher einem kleinen Park gleicht, war für Fritz Walter ein Rückzugsort. Die Spiele des 1. FC Kaiserslautern und der Nationalmannschaft konnte er sich nicht im Fernsehen ansehen, weil es ihn nervlich zu sehr strapazierte. Dann ging er in den Garten und setzte sich auf seine Bank. Für Bernd Lutzi ist der Garten ein Ort der Anekdoten. Ganze Kegelclubs und Fußballmannschaften wollten einen Heimspielbesuch beim 1. FC Kaiserslautern mit einer Stippvisite in Alsenborn verbinden. Mehr als einmal kam man erst gar nicht auf dem Betzenberg an und erlebte einen feucht-fröhlichen Tag im Garten des Fritz-Walter-Hauses. „Dann lagen sie hier auf der Wiese“, sagt Bernd Lutzi und lacht.

Am Ende der Museumstour schießt Bernd Lutzi von allen Gästen noch ein Foto und klebt es in ein Gästebuch. In den Büchern findet man bekannte Gesichter, Franz Beckenbauer, Sepp Blatter, alle waren schon hier. Das Fritz-Walter-Haus kommt in seiner Vita auf über 30 000 Besucher. Deutlich weniger als bei Elvis in Memphis, aber dafür gibt’s dort keinen Begrüßungssekt.

Das Fritz-Walter-Wohnhaus kann nicht mehr besichtigt werden, es wurde Ende 2018 geschlossen.

Anschrift: Leininger Straße 104, 67677 Enkenbach-Alsenborn

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3 Kommentare

Ich wußte nichts über die Existenz dieses Hauses bzw. den Zugang für die Öffentlichkeit. Erst jetzt habe ich darüber erfahren und gleichzeitig über die bereits Ende 2018 stattgefundene Schließung.

Weshalb wurde das Haus geschlossen? Schade.

Mit freundlichem Gruß
Ute Plückhan

Guten Abend, Frau Plückhan,
die Kurzfassung aus meiner Perspektive:
Die Familie Lutzi, die die Führungen im Fritz-Walter-Haus anbot und dort auch wohnt, bekam (finanzielle) Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten wurden. Dabei ging es offenbar um Kredite, die als Zwischenkredite gedacht waren, für die die Familie Lutzi aber am Ende selbst aufkommen musste. Dass es der Familie Lutzi nicht ums Geld ging, kann man daran erkennen, dass bei uns ein Besuch für zwei Personen ermöglicht wurde, ohne Eintrittspreis. Im Gegenteil: Es gab sogar einen Sektchen am Ende, ein Foto fürs Album, das Fritz-Walter-Haus wurde nicht gewinnorientiert betrieben.
Die Familie Lutzi bot das Erbe anschließend an, um die finanziellen Defizite aufzufangen. Ein Vorrecht bekamen u. a. der 1. FC Kaiserslautern (der finanziell ja nicht auf Rosen gebettet ist) und der DFB. Der Preis für die teilweise einzigartigen Exponate war mit kolportierten 150.000 bis 200.000 Euro sehr gering. Dass der DFB da nicht zuschlug, verstehe ich persönlich nicht, schon gar nicht die Argumentation, dass der DFB die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit wahren müsse. Für das DFB-Museum, das u. a. deshalb in der Kritik steht, weil es mit sehr vielen Leihgaben ausgestattet ist, wäre das eine Chance gewesen.
Da sich kein Käufer fand, sollte es zu einer Auktion kommen, die denkbar schlechteste Lösung. Die Sammlung hätte sich höchstwahrscheinlich über die gesamte Welt verteilt. Am Ende kaufte der FCK-Sponsor Layenberger den Nachlass.

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