Schlosshotel Grunewald, Berlin

Die Weltmeisterschaft 2006 war die beste Zeit meines Lebens, auch wenn ich das damals noch nicht wusste. Am Morgen das Tagewerk verrichten, danach zu jedem Spiel den Grill anwerfen, bei  herrlichstem Wetter den Proteinüberschuss wegjoggen, alles unisono mit dem besten Freund. Wenn es das Paradies gibt, dann muss es dort so sein wie im Sommer 2006.

Damit wir das alles nicht vergessen, hat Sönke Wortmann die Nationalmannschaft in dieser Zeit mit der Kamera begleitet. Das „Sommermärchen“ ist dabei herausgekommen, ein Film aus dem Genre der romantischen Komödie: Feuerwerk über Stuttgart, Klinsi, Jogi und Bierhoff liegen sich in den Armen, sie genießen den (unvollendeten) Augenblick. Es wurde nicht die große Liebe, aber die Second-Best-Lösung. Immerhin.

Eigentlich sollte die Nationalmannschaft während der WM 2006 gar nicht in Berlin wohnen. Rudi Völler hatte bereits ein Quartier in Leverkusen gebucht, nach Völlers Rücktritt boxte Jürgen Klinsmann dann Berlin durch.

Ein zentraler Ort des Films ist das „Schlosshotel Grunewald“, das im über einhundert Jahre alten „Palais Pannwitz“ untergebracht ist. Ein ruhiges Hotel, das gar nicht so weit ab vom Schuss liegt.

Im Jahr 1911 wurde das Palais Pannwitz vom Kunstsammler Walter von Pannwitz in Auftrag gegeben. Es sollte ein Domizil für die Kunstschätze des Münchner Prominentenanwalts werden. Von Pannwitz kam noch sieben Jahre in den Genuss des im Stile italienischer Renaissance erstellten Anwesens – er verstarb 1920.

Heimat der kroatischen Botschaft

Nach seinem Tod blieb das Palais zwanzig Jahre ungenutzt. Seine Frau Catalina von Pannwitz emigrierte während des Nationalsozialismus in die Schweiz und verkaufte das Haus für 1,5 Millionen Reichsmark an den deutschen Staat. Man fand von da an die kroatische Botschaft im Grunewald wieder.

Sechs Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs pachtete der Gastronom Wolfgang Gehrhus das Gebäude und richtete dort ein Luxushotel ein, das oft auch als Kulisse für Filmaufnahmen diente. Nach Gehrhus‘ Tod verfiel das Anwesen, es fand erst nach der Wende einen Käufer und wurde 1994 als „Schloßhotel Vier Jahreszeiten“ wiedereröffnet. Bis es der Nationalmannschaft als Herbergsort diente, wechselte es noch mehrere Male seinen Namen.

Der unsympathische Herr Ballack

Acht Jahre nach dem Sommermärchen gibt es nicht mehr viele Angestellte, die die WM im eigenen Land miterlebt haben. Einer, der noch da ist, aber in Kürze „ein neues Projekt angeht“, zeigt sich sehr freundlich und packt auch die eine oder andere Anekdote aus. „Alle Spieler waren sehr nett, mit Ausnahme des Capitanos“, sagt er uns. Er erzählt auch von langen Gesprächen mit Kate Winslet, die so ganz anders sei als Ballack, der schließlich „nur Fußballer sei und kein Mittel gegen Aids erfunden habe.“

Die großen Namen – Winslet, Dion, Lagerfeld – sie passen zu dem opulenten Kamin im Eingangsbereich, dem Marmorfußboden und der wuchtigen Holztreppe. Hier darf man sich umsehen und auch mal ein Foto machen. Man ist insgesamt sehr freundlich und zeigt uns auch den großzügigen Garten, in dem Oliver Bierhoff gönnerhaft seine Fackeln deponierte – es war der wohl seltsamste Moment des ganzen Sommermärchens, wie die Gesichter der Spieler im Film verraten.

In Berlin ist die Energie, deshalb wollen wir dort trainieren.

Jogi Löw

Acht Jahre nach der Weltmeisterschaft im eigenen Land nimmt die Geschichte für Fußball-Deutschland doch noch ihr gutes Ende. Das größte Turnier der Welt findet in Brasilien statt. Klinsi betreut jetzt die Amerikaner, aber Jogi und Bierhoff finden doch noch die große Liebe. Die Romcom, die 2006 begann, schließt mit einem Happy End.

Mein bester Freund ist in der Zwischenzeit mein Trauzeuge geworden. Er packt die letzten Kartons, er wohnt zukünftig in Österreich. Das 7:1 im Halbfinale gegen den Gastgeber und das Endspiel gegen Argentinien können wir schon nicht mehr zusammen sehen. Ich hätte dafür wieder auf den Titel verzichtet. Es war, als hätte man ihn wieder verpasst.

Anschrift: Brahmsstraße 10, 14193 Berlin

Internet: https://www.schlosshotelberlin.com/de

FacebookTwitterWhatsAppEmail

Schreibe einen Kommentar