Stadion an der Schleißheimer Straße, München

München ist eine Stadt der bezaubernden Sportstätten. Die Allianz-Arena beeindruckt, das Dante-Stadion besticht durch eine einmalige Tribünenarchitektur und im Olympiastadion weht der Geist alter Tage, der im Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße noch viel ältere Geschichten erzählen kann. Der schönste Platz für Fußballfans ist in München trotz dieser harten Konkurrenz das Stadion an der Schleißheimer Straße. Eine der Top-Fußballkneipen des Landes und eine besondere Form der Erlebniswelt.

Und die ist aus der Not heraus geboren. „Keine Gäste, kein Schotter, keine Motivation“, Besitzer „Reini“ hatte 2006 von seiner Kneipe „Vollmond“ die Nase voll. Keine gute Botschaft für Stammgast Holger Britzius („egal, wo ich gewohnt habe, hatte ich immer ein Stammlokal“), der extra in die Nähe der Kneipe gezogen war. Es gab nur eine Alternative: Den Scheich machen, einsteigen, aber statt dicker Kohlen viel Herzblut investieren. Eine Fußballkneipe „ohne Kompromisse“ sollte entstehen. Im Oktober 2006 fand die Wiedereröffnung statt, aus dem „Vollmond“ wurde das Stadion an der Schleißheimer Straße.

Das Stadion an der Schleißheimer Straße war eigentlich eine Notgeburt

Ein angemessener Name. An der Decke hängt die Laufbahn, ehe es auf den (danebenliegenden Kunst-)Rasenplatz geht, der Kult-Kicker wie Stan Libuda, Jimmy Hartwig, den Kaiser Franz Beckenbauer oder Mario Basler würdigt. Viele von ihnen waren schon persönlich hier. Entweder im Rahmen der (mittlerweile eingestellten) Sky-Sendung „Mein Stadion“, bei Lesungen, Fußball-Quiz-Abenden oder einfach zu einem Pilsken. Das Stadion an der Schleißheimer Straße ist mehr als ein Übertragungswagen, es ist ein Quell der Fußball-Kultur.

Einen würdigen Rahmen verleihen ihm Wimpel, Trikots und Schals, oft duellieren sich hierbei direkte Kontrahenten. Die Kutte der „Löwen“ hängt neben der der Bayern, der Hertha-Wimpel in Nachbarschaft der Berliner Union, Hannover und Braunschweig, Düsseldorf und Köln, der HSV und St. Pauli. „Wir leben Toleranz vor“, sagt Holger Britzius der Badische Neueste Nachrichten. Und auch wenn „Holle“ Fan des Karlsruher SC ist, wird damit deutlich: „Die Kneipe ist nicht auf einen einzigen Verein spezialisiert“. „Viele Fans auf engem Raum von unterschiedlichen Vereinen, das ist es, was das Stadion ausmacht“, berichtet ein Stammgast. Da passt ins Bild, dass der zweite Betreiber Michael Jachan Anhänger des VfB Stuttgart ist – dem Rivalen von „Holles“ KSC.

Die Kneipe ist der Hammer!

Frank Goosen

Die ganzen Devotionalien stammen nicht von „Holle“ allein, sie sind Mitbringsel der treuen Besucherinnen und Besucher: „Es ist so gekommen, wie ich es mir gewünscht habe: Der Laden ist mit den Gästen gewachsen. Ohne die ganzen Sachen, die Leute aus ihren Kellern geholt haben, wäre die Kneipe nicht die, die sie ist“, sagt der Wirt in einem 11FREUNDE-Interview und ergänzt: „Sie geben auch wahre Schätze ab, weil sie hier jeder sieht.“ Dazu zählt eine Eckfahne aus Lichtenstein, die Torwarthandschuhe von Toni Schumachers Abschiedsspiel oder ein Trikot von Mats Hummels. Seine Mutter ist ein oft und gern gesehener Gast an der Schleißheimer Straße.

Um die 150 Menschen passen in den Laden und können die Spiele auf zwei Leinwänden und einem Flatscreen verfolgen. Manchmal dürften es gerne ein paar Plätze mehr sein. 2016 gab es für das Spiel Bayern gegen Dortmund rund 5 000 Reservierungsanfragen. Drei Jahre später griff das Stadion an der Schleißheimer Straße selbst ins Titelrennen ein und erhielt von der Akademie für Fußball-Kultur den Easy-Credit-Fanpreis „Fußballkneipe des Jahres“.

Die Gäste sicherten das Überleben des Stadions während der Pandemie

Eine Auszeichnung, die vor den Problemen der Branche nicht haltmacht. Die Münchner Mietpreise. Die sich immer weiter nach oben drehende Preisstruktur bei den Pay-TV-Sendern. Und nicht zuletzt die Pandemie. „Ob wir das überleben, ist sehr fraglich“, sagte „Holle“ im April 2020 dem SPIEGEL. Zwei Jahre später hat es das Stadion geschafft. „Die staatlichen Hilfen waren gut, aber sie hätten nicht gereicht“, berichtet er. Ausschlaggabend für den Erhalt der Kneipe war eine Spendenaktion, an die inzwischen eine Tafel erinnert. Inszeniert hat die Spendenaktion „irgendjemand“: „Wir haben nicht dazu aufgerufen, aber sie haben das Überleben des Stadions gesichert“, erklärt der Mann mit der Günter Netzer-Frisur bei unserem Telefonat.

Das musste zeitlich etwas nach hinten verschoben werden, am Vorabend wurde es spät, Eintracht Frankfurt zog mit einem 3:2-Auswärtserfolg beim FC Barcelona ins Halbfinale der Euro-League ein. „Es war“, sagt Holger Britzius am Telefon, „endlich mal wieder wie früher“.

Anschrift:  Stadion an der Schleißheier Straße, Schleißheimer Straße 82, 80797 München

Internet: http://www.sadss.de

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